Fraktionsbeiträge im RathausKurier


In dem zumeist monatlich erscheinenden Ausgaben des Amtsblatts der Stadt Weimar - dem RathausKurier - schreiben auch die Fraktionen einen Beitrag.

Die neusten Beiträge der CDU-FDP-Stadtratsfraktion finden Sie hier:



RathausKurier - Ausgabe 01/2024 vom 12. Januar 2024

 

Kopfstand

 

Ein - alles andere als nebensächlicher - Aspekt der übergreifenden Bauernproteste waren die Versuche, die Anliegen der Demonstranten kleinzureden, den gesamtwirtschaftlichen Hintersinn zu verharmlosen, die Blockaden politisch zu delegitimieren. Die gute Nachricht ist, dass solche Kampagnen keinen Erfolg mehr haben, niemanden mehr einschüchtern. Die schlechte Botschaft ist, dass das Aufbegehren der Wirklichkeit vielleicht zu spät kommt, die Substanz zu angegriffen scheint. Die Adresse des zornigen Unmutes ist eine Politik, die das, was in Jahrzehnten aufgebaut worden ist, ebenso selbstvergessen wie zügig verschleudert. Dass unter dem Tarnbegriff "Nachhaltigkeit" gerade das Gegenteil vollzogen, nämlich das gesellschaftliche Fundament zerstört wird, gehört zur unguten Ironie der grassierenden politischen Romantik. "Die Gesamtheit der Produktionsverhältnisse bildet die ökonomische Struktur der Gesellschaft, die reale Basis, worauf sich ein juristischer und politischer Überbau erhebt", heißt es bei Karl Marx. Die Wahlperiode des Stadtrates geht zu Ende, und wenn eine Bilanz gezogen werden darf: Es wurde auch auf kommunaler Ebene schwierig, die Entscheidungen an Arbeit, (Lebens)Leistung, Bildung, Wertschöpfung, Investition, Wohlstand, Sicherheit, bürgerliche Selbstverantwortung und Freiheit auszurichten. Die Welt, wie Marx sie interpretierte, steht auf dem Kopf. Politik ausgerichtet an der "Basis", nicht an illusionären "Bewußtseinsformen": das war der Hintergrund der zahllosen Initiativen der CDU-Fraktion (zumindest in Weimar). Aber eine solche Politik war selten im Rat kompromisslos mehrheitsfähig. Dem kommenden Stadtrat ist deutlich mehr kollektiver Wirklichkeitssinn zu wünschen.

 

Für die Fraktion

Dr. Peter Krause


RathausKurier - Ausgabe 09/2023 vom 10. Dezember 2023

 Freie Untertanen

 

Es bedarf einer Vorschrift im Grundgesetz, um die wirtschaftliche Handlungsfähigkeit des Staates halbwegs zu sichern, die Gesellschaf vor finanzpolitischer Trickserei, zukunftsblinder Traumtänzerei – und auch sich selbst zu schützen. Es ist besorgniserregend, dass die Klärung einer Rechtslage durch das Verfassungsgericht eine finanzielle Notlage und politische Krise auslöst. Das Eis ist dünner noch als befürchtet. Erstaunen kann längst nicht mehr, dass gerade denjenigen, die das gehaltvolle konservative Wort „Nachhaltigkeit“ zur Phrase entwerten, haushalterische Generationengerechtigkeit egal ist. Die Debatten um Schuldenberge und Schuldenbremsen zeigen Abgründe der Selbstvergessenheit. Eine Stadt wie Weimar, deren Verwaltungshaushalt (140,5 Mio. €) zu fast 60 Prozent aus Zuweisungen von Bund und Land besteht, sich nur zu 26,4 Prozent aus eigenen Steuern speist (ohne Gemeindeanteil der Einkommenssteuer sind es dürftige 16 Prozent), deren Investitionshaushalt sogar 62 Prozent durch Zuschüsse finanziert wird: eine solches Gemeinwesen ist faktisch ausgeliefert. Die Lage ist prekär und nicht souverän. Zumal (erneut) ein jährlicher satter Aufwuchs der Sozialkosten erwartet wird, was mittlerweile fatalistisch hingenommen wird. Die Staatsgläubigkeit der freien Untertanen scheint verfestigt. Immerhin, der Aufwuchs soll 2024 unter 2 Mio. € liegen (auf insgesamt 78,3 Mio. € Sozialausgaben)! Uns steht eine schmerzhafte Debatte über Prioritäten bevor. Wir haben diese immer wieder gebetsmühlenartig gefordert: Mehrheiten für kluge Ausgabendisziplin fanden sich nie. Aber im Kampf gegen die Wirklichkeit gewinnt am Ende immer die Wirklichkeit. Eine frohe, friedliche Weihnacht!

 

Für die Fraktion

Dr. Peter Krause


RathausKurier - Ausgabe 08/2023 vom 6. November 2023

 

Barrierearme Stadt als Ziel

 

Mit einem Stadtratsantrag haben wir den Oberbürgermeister vor einem Jahr beauftragt, diejenigen Planungen der Stadt für Barrierefreiheit und Sicherheit öffentlich vorzustellen, die künftig vor allem älteren und behinderten Menschen zugutekommen. Worum geht es: um barrierearme Wege, sichere Straßenübergänge, ausreichende Sitzmöglichkeiten und Schutz vor Radfahrern. Im öffentlichen Raum sollte die Gestaltung von Straßen, Wegen und Plätzen Prioritäten setzen: möglichst langsamer Fahrverkehr in neuralgischen Bereichen, einfache und klare, vor allem sturzsichere Gestaltungen, sorgfältige Unterhalt, bequeme, durchgehende Verbindungen. Zu beachten sind: moderne Lichtsignalanlagen, konfliktfreies Queren an Ampeln, Einführung neuer Technologien zur Erhöhung der Fußgängersicherheit, barrierefreie Kontinuität von Fußwegen, Förderung der gegenseitigen Sichtbarkeit von Fußgängern, Auto- und Radfahrern, Schaffung sicherer Kreuzungen nahe Seniorenwohnanlagen und Einkaufsmärkten, ausreichende Beleuchtung von Überwegen, beschattete Ruhezonen mit Ruhebänken. Der Oberbürgermeister hat nun seinen umfangreichen Bericht öffentlich vorlegt. Was wurde getan, was geschieht, was ist geplant! Der "komplette barrierefreie Umgestaltung unserer öffentlichen Verkehrsinfrastruktur ist zwar kurzfristig nicht realisierbar“, aber bei allen Instandsetzungs-, Sanierungs- und Neubauvorhaben sei sie ein wesentliches Planungsziel. Der Bericht nennt zahlreiche aktuelle Vorhaben. Die Stadt nimmt diese Gestaltungsauftrag sichtbar sehr ernst. Mehr als 15.000 Weimarer sind älter als 65 Jahre.

 

Für die Fraktion

Dr. Peter Krause


RathausKurier - Ausgabe 07/2023 vom 21. September 2023

 

Regelschulen stärken!

 

Dass Deutschland bei der Leichtathletik-WM keine Medaille gewonnen hat, kommentierte Robert Harting, Diskus-Olympiasieger, resignativ: „Der Einzelne, der den neuen Schritt wagt und über sich hinausgeht, Erster sein will, ist nicht mehr attraktiv. Die Leistungskultur ist nicht mehr präsent in unserem Land.“ Wer Bewertungen im Sportunterricht vernachlässigt, muss sich über fehlende Ergebnisse nicht wundern. Was sich hier, scheinbar unwichtig, im Sport zeigt, passt in ein Land, das den eigenen Abstieg akzeptiert hat. „Unser“ Bildungsniveau hat sich laut einer aktuellen Studie des IW Köln dramatisch verschlechtert, und daran ändern auch mehr formal „höhere“ Abschlüsse oder die Aufwertung leistungsferner Kriterien nichts. Jede Bildungsreform, jede Schulgesetz-Novellierung kaschieren oder verschlimmern die Situation. Die jüngste Grundschul-Lese-Untersuchung IGLU zeigt, dass die Leistungen der deutschen Viertklässler in einer basalen Kulturtechnik deutlich gesunken sind: Ein Viertel erreicht den untersten Standard „Lesekompetenz“ nicht. Umfragen bestätigen die objektiven Tests. Nur ein Viertel der Thüringer sind, so das neueste Bildungsbarometer des Ifo-Instituts, mit ihren Schulen zufrieden. Die größten Probleme: fehlende Lehrer, schlecht sanierte Schulgebäude. An den Schulgebäuden kann es in Weimar nicht liegen, die sind meist in gutem Zustand – und der Prozess der Sanierung läuft. Wir können als Schulträger nicht alle Versäumnisse der Landesbildungspolitik korrigieren. Mit einem Antrag "Regelschulen und Berufliches Gymnasium stärken!" wollen wir aber auf die kritische Lage reagieren, Fehlentwicklungen entgegenwirken. Voraussetzung für eine Prüfung der Schulnetzplanung allerdings ist, dass wir über die politischen Ursachen der Bildungsmisere (deren Folge auch der gestiegene Bedarf an Schulsozialarbeit ist) offen diskutieren wollen.

 

Für die Fraktion

Dr. Peter Krause


RathausKurier - Ausgabe 06/2023 vom 13. Juli 2023

 

Spielstraße

 

Wieder das leidige, aber keineswegs nebensächliche Thema Verkehr. Die aktuellen Bau-Sperrungen verdichten ungelöste oder gewollte Probleme. Und es sollte, ginge es nach Teilen der gewählten Verwaltung, noch enger und langsamer zugehen. Die Erarbeitung des überfälligen „Mobilitätskonzeptes 2020 bis 2030“, so beantwortete die zuständige Dezernentin nun eine Anfrage im Stadtrat, sei im Prozess der Verkehrsplanung bis Ende 2023 terminiert. Es fehlten – wir ahnten es – die "personellen Ressourcen". Ab 2023 solle zumindest „eine Bestandserfassung der Verkehrszahlen" erfolgen. Immerhin! Die Planfortschreibung sei „für 2024/25 anvisiert, aber eine Aufgabenstellung ist noch nicht formuliert". Muss man sagen: glücklicherweise!? Denn konkret beabsichtigt sei vor allem „die weitere Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs". Ein ausgewogenes, komplexes Mobilitätskonzept, das alle Verkehrsteilnehmer mit ihren sehr verschieden, auch widerstrebenden, jedenfalls tatsächlichen und oft alternativlosen Bedarfen einbezieht, ist also gar nicht Ziel. Die notorisch unterlassene Verknüpfung der Verkehrsplanung mit Projekten der Stadtentwicklung, die Hemmnisse sind organisierter Teil des abgehobenen und eindimensionalen Plans? „Zukunftsorientierte Entwicklung“ soll in klientelpolitischer Absicht heißen: Die ganze Stadt muss eine Spielstraße werden.

 

Für die Fraktion

Dr. Peter Krause


RathausKurier - Ausgabe 05/2023 vom 29. Mai 2023

 

Gebt uns mehr Rechte!

 

In Deutschland hat ein Viertel aller Viertklässler große Schwierigkeiten beim Lesen, dieser Kinder erreichen nicht das Mindestniveau beim Textverständnis. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Grundschul-Lese-Untersuchung IGLU. Der Trend ist negativ. Wir kennen das von PISA. Sicher scheint nur, dass die nächste "Bildungsreform", in der Regel ein Absenken der Anforderungen, dazu führen wird, die Kenntnis fundamentaler Kulturtechniken weiter zu verschlechtern. Über die Ursachen wird nicht geredet, tiefe gesellschaftliche Probleme werden mit staatlichem Geld notdürftig kaschiert. Bildungsferne ist staatstragend geworden. Überhaupt: Das, was neutral Transformationsprozess genannt wird, ist oft nur noch Krisenbewältigung oder Moderation des Abstiegs. Wir können als Stadt Schulgebäude, Sporthallen, Schulhöfe... sanieren und damit Strukturen vorgeben, aber nicht nur bildungspolitisch stehen wir am Rand. Kommunen können immer weniger gestalten, sind Bittsteller, müssen die Folgen der „höheren" Politik erdulden. Die jüngste Zwangszuweisung von Flüchtlingen in Weimar durch das Land ist nur ein Beispiel für das neue obrigkeitsstaatliche (Miss)Verständnis von kommunaler Selbstverwaltung. Der Deutsche Städtetag hat auf seiner Hauptversammlung nun mit Grund vehement gefordert, Städte frühzeitig in die Gesetzgebung einzubeziehen. „Kooperativer Föderalismus funktioniert nur so!" Es geht um deutlich mehr rechtliche Freiheiten für die Kommunen. Allerdings dann auch um mehr Verantwortung! Und die übertragenen Aufgaben werden immer teurer: „Deshalb der Appell an Bund und Länder: Gebt uns dafür die Mittel, unbürokratisch und flexibel, am besten über die Umsatzsteuer."

 

Für die Fraktion

Dr. Peter Krause


RathausKurier - Ausgabe 04/2023 vom 13. April 2023

 

Stadtentwicklung: überfälliger Neuanfang

 

Das verhuschte Wort "Zeitenwende" markiert eine späte Einsicht in die Notwendigkeit, verweist zumindest auf das Ende der Komfortzone, in der sich unser Land politisch niedergelassen hat. „Kurskorrektur“ – was das bedeutet, sehen die einen zwar so, die anderen ganz anders. Wie auch immer, die Kluft wird unverkennbar größer zwischen Rationalität und gesundem Menschenverstand einerseits und andererseits dem, was professionelle wie ehrenamtliche Politik – welchen vormundschaftlichen Interessen, kollektiven Affekten und infantilen Eingebungen auch immer nachgebend – tut. Die allgemeine Frage ist, wer die Folgen des Wirklichkeitsverlustes tragen wird. Die konkrete Frage heißt: Was kann Kommunalpolitik noch gestaltend tun? Die Stadtplanung ist das zentrale Element der kommunalen Steuerung. Die Entscheidung des Oberbürgermeisters, diesen Bereich zur Chefsache zu machen, war überfällig. Viel zu viele gescheiterte Projekte und einhergehende Stagnation, katastrophales Timing, ungeschickte Kommunikation in diesem Kernbereich! Die Stadt erwartet Großbaustellen in beinahe allen Quartieren, viele Projekte sind angestoßen, Weimar hat immenses Potential. Die Hoffnung besteht, dass das Fragmentarische in Stadt- und auch in Verkehrsplanung ein Ende findet, dass erkennbare Prioritätensetzung, komplexes Abwägen, transparentes Aushandeln, aber eben auch klare Umsetzungsstrategien die Perspektive prägen. Dass das angesichts laut verkündeter Individualabsichten schwieriger geworden ist, gehört zum Geschäft, darf also kein Grund sein dafür, den Weg, den zu gehen wir 2019 programmatisch versprochen haben, zu verlassen.

 

Für die Fraktion

Dr. Peter Krause

 

Stadtentwicklung: überfälliger Neuanfang

 

Das verhuschte Wort "Zeitenwende" markiert eine späte Einsicht in die Notwendigkeit, verweist zumindest auf das Ende der Komfortzone, in der sich unser Land politisch niedergelassen hat. „Kurskorrektur“ – was das bedeutet, sehen die einen zwar so, die anderen ganz anders. Wie auch immer, die Kluft wird unverkennbar größer zwischen Rationalität und gesundem Menschenverstand einerseits und andererseits dem, was professionelle wie ehrenamtliche Politik – welchen vormundschaftlichen Interessen, kollektiven Affekten und infantilen Eingebungen auch immer nachgebend – tut. Die allgemeine Frage ist, wer die Folgen des Wirklichkeitsverlustes tragen wird. Die konkrete Frage heißt: Was kann Kommunalpolitik noch gestaltend tun? Die Stadtplanung ist das zentrale Element der kommunalen Steuerung. Die Entscheidung des Oberbürgermeisters, diesen Bereich zur Chefsache zu machen, war überfällig. Viel zu viele gescheiterte Projekte und einhergehende Stagnation, katastrophales Timing, ungeschickte Kommunikation in diesem Kernbereich! Die Stadt erwartet Großbaustellen in beinahe allen Quartieren, viele Projekte sind angestoßen, Weimar hat immenses Potential. Die Hoffnung besteht, dass das Fragmentarische in Stadt- und auch in Verkehrsplanung ein Ende findet, dass erkennbare Prioritätensetzung, komplexes Abwägen, transparentes Aushandeln, aber eben auch klare Umsetzungsstrategien die Perspektive prägen. Dass das angesichts laut verkündeter Individualabsichten schwieriger geworden ist, gehört zum Geschäft, darf also kein Grund sein dafür, den Weg, den zu gehen wir 2019 programmatisch versprochen haben, zu verlassen.

 

Für die Fraktion

Dr. Peter Krause


RathausKurier - Ausgabe 03/2023 vom 9. März 2023

 

EOW: wieder der Staat

 

Der Haushaltsausschuss des Bundestags hat beschlossen, dass der Bund den „klimagerechten Umbau des ehemaligen EOW-Geländes“ im Rahmen des Bundesprogramms „Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel“ mit 2,4 Mio. Euro fördert. Der Bund beteiligt sich zu 85 Prozent an den förderfähigen Kosten. So schön das ist, aber es wäre viel besser gewesen, wir hätten den in erster Linie notwendigen Hochwasserschutz in der Oberweimarer Ilmaue ohne Steuermittel hinbekommen. Da das EOW-Projekt nämlich insgesamt 5 Mio. kosten wird, so die Schätzungen vor zwei Jahren, kommen nun erhebliche Kosten auf die Stadt zu. Oder der Hochwasserschutz bleibt in der "Anpassung" unvollendet!? 2021 gab es die Möglichkeit, über einen kreativen Investor, ein Planungsbüro aus der Stadt, Hochwasserschutz (eine Verbesserung um 80 Prozent) mit Stadtentwicklung, Wirtschaftsförderung und Ortsbildgestaltung innovativ zu verbinden. Das wurde von einer dünnen Mehrheit im Stadtrat verhindert. Die Blockade-Argumente waren im Ton heftig, in der Sache eher romantisch; auch wurden Naturgestaltung (parkähnlicher Grünzug) und Hochwasserschutz (schnöde Retentionsflächen) notorisch verwechselt. Wirtschaftsfeindlichkeit, sogar Sozialneid waren in der Debatte unüberhörbar. Die avisierten "grünen" Landesmittel allerdings blieben aus, die Aufnahme des Abbruchs der Hallen in ein Landesprogramm scheiterten, ein integriertes Hochwasserschutzkonzept des Landes für die Ilm fehlt. Nun also mit Steuergeldern des Bundes und der Stadt, die wir an anderer Stelle gut gebrauchen könnten.

 

Für die Fraktion

Dr. Peter Krause


RathausKurier - Ausgabe 02/2023 vom 02. Februar 2023

 

Schulen und Schulgebäude

 

Lehrermangel und Unterrichtsausfall sind, wie eine Erhebung des MDR (16. Jan. 2023) ergab, die größten der zahlreichen Probleme des Thüringer Bildungssystems. Insgesamt wird das Schulsystem im Freistaat in der Umfrage mit einer schlechten "vier" benotet. Die Versuche der Landesregierung, die Defizite durch Strukturveränderungen, Schulzusammenlegungen, Leistungsreduzierung, Anforderungssenkung wenigstens zu kaschieren, sind gescheitert. Ein Manko besteht in Weimar (etwa im Vergleich mit Erfurt) zumindest nicht: Der Schulträger Stadt hat bereits vor 15 Jahren weitblickend mit dem Verkauf seiner Schulgebäude an die Weimarer Wohnstätte (WWS) begonnen. Die Schulgebäude wurden oder werden von der WWS "betrieben", vor allem vollständig oder teilweise saniert. Mittlerweile befinden sich fast alle Schulgebäude im Eigentum der WWS, zuletzt wurden der Schulcampus Pestalozzi sowie die Grundschulen Fürnberg und, das nächste große Bauprojekt: Legefeld übertragen; es folgen lt. Stadtratsbeschluss und Schulnetzplan die Berufsschule in der Lützendorfer Str., das Goethe-Gymnasium am Herderplatz, die Falk-Grundschule, die Park-Regelschule, 2030 alle Standorte der Jenaplan-Schule, 2034 schließlich der Schulcampus Schöndorf.

Die Stadtratsausschüsse Bildung, Finanzen und Bau haben die Situation, auch die Kostenentwicklung, jüngst eingehend evaluiert. Vor allem für die Schulen ist das "Weimarer Modell" ein nicht zu überschätzender Gewinn. Mit sanierten Schulgebäuden in der Kommune sind die tiefgehenden Probleme des Thüringer Bildungssystems zwar nicht zu lösen, aber ein großer Vorteil, was die Attraktivität des Bildungsstandortes Weimar angeht, sind sie allemal.

 

Für die Fraktion

Dr. Peter Krause


RathausKurier - Ausgabe 01/2023 vom 05. Januar 2023

 

Am Limit!


1975 hat der Soziologie Helmut Schelsky die Zukunft der BRD beschrieben: "Die Arbeit tun die anderen". Der damalige Bestseller galt als Provokation. Das Buch analysiert, wie und warum unser Land den Wirklichkeitsbezug verliert. Eine neue, abgehobene "Elite" bestimme zunehmend, was gesellschaftlich als richtig und gut zu gelten habe. Als böses „Reich der Notwendigkeit“ werde Wirtschaft abgewertet, Leistung bekämpft, Kompetenz vernachlässigt. Wobei die sozial-religiösen Sinngeber „von der Arbeit der anderen“ leben, deren „Alltagsmühen sie als minderwertige Lebensform verleumden“. Der Eindruck lässt sich nicht abwehren, dass die befürchtete "Erziehung zur Unwirklichkeit" erfolgreich war. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund beginnt das Jahr mit einer klaren Forderung: Neue Politik! Versorgungsunsicherheit, Migration, Verschuldung, Inflation, Deindustrialisierung, Klimaschutz, marode Infrastrukturen... „zeigen die Grenze der Leistungsfähigkeit unseres Staates“. Ein Schwerpunkt der Herausforderungen liege bei den Kommunen. „Erfolgreiche Politik beginnt mit der schonungslosen Betrachtung der Wirklichkeit.“ Deutschland stehe vor einer Rezession. Gleichzeitig werde erwartet, dass vielfältige kommunale Leistungen der Daseinssicherung zur Verfügung stehen. „Das wird nicht funktionieren. Wir müssen den Realitäten ins Auge blicken. Die staatliche Leistungsfähigkeit ist am Limit. Wir brauchen einen politischen Kompass, um uns auf das Wesentliche zu konzentrieren, anstatt zu versprechen, dass der Staat jedes individuelle Problem lösen kann.“


Für die Fraktion

Dr. Peter Krause


RathausKurier - Ausgabe 10/2022 vom 08. Dezember 2022

 

Ärztliche Versorgung: Statistik und Wirklichkeit

  

Die Hinweise auf immer längere Wartezeiten bei der fachärztlichen ambulanten Versorgung in Weimar häufen sich. Ein Bericht des Oberbürgermeisters dazu, den wir im Stadtrat eingefordert hatten, bezieht sich auf eine Zuarbeit der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen (KVT) – und zeichnet ein anderes Bild: Es gebe – entsprechend der einschlägigen Berechnungsgrundlagen – im Planungsbereich Weimar und Weimarer Land „weder in der hausärztlichen noch in der fachärztlichen Versorgung eine Unterversorgung“. Der Versorgungsgrad sei sogar „höher als eigentlich vorgesehen“: hausärztliche Versorgung 117,02 Prozent, Augenheilkunde 132,9 Prozent, Frauenheilkunde 157,5 Prozent, Hautärzte 156,9 Prozent, Urologen 133,3 Prozent, Chirurgen und Orthopäden: 135,9 Prozent. Es bestehe aus Sicht der KVT „kein Handlungsbedarf“. Und Patienten, die „keinen Facharzttermin bekommen, können bei der KVT anrufen und erhalten zeitnah nach Dringlichkeit einen Termin“, und dies funktioniere „gut“, zumindest seien in Weimar „diesbezüglich keine Probleme von Bürgern gemeldet worden“.Da eine Onkologie-Praxis in Weimar aus kaum nachvollziehbaren Gründen von der KVT geschlossen worden ist, haben wir auch nach der onkologischen Versorgung gefragt. Die Antwort: „Die Stadt Weimar hat bislang keinen Grund zur Annahme, dass schwerkranke Patienten nicht ausreichend versorgt werden können, weil es nicht ausreichend Facharzttermine gibt.“ Die Stadt wolle aber die fachärztliche Versorgung in Weimar weiterhin beobachten und eventuellen Beschwerden nachgehen. Wir haben Anlass, umgehend das Gespräch mit der Amtsärztin suchen und um eine Erläuterung des Berichts zu bitten.

Wir wünschen eine frohe und friedvolle Weihnacht. 


Für die Fraktion

Dr. Peter Krause


RathausKurier - Ausgabe 09/2022 vom 03. November 2022

 

Ältere Menschen bevorzugen!

  

Mehr als 15.000 Weimarer sind älter als 65 Jahre. Sie benötigen im städtischen Raum barrierearme Verkehrswege, sie dürfen sichere Straßenübergänge, ausreichende Sitzmöglichkeiten und Schutz vor Radfahrern in Fußgängerzonen erwarten. Barrierefreiheit und Sicherheit sollten ein Kernelement des direkten Lebensumfeldes sein oder werden. Mit einem Stadtratsantrag wollen wir den Oberbürgermeister beauftragen, diejenigen Planungen der Stadt für Barrierefreiheit und Sicherheit öffentlich vorzustellen und zu diskutieren, die künftig vor allem älteren und behinderten Menschen zugutekommen. Worum geht es? Im öffentlichen Raum sollte die Gestaltung von Straßen, Wegen und Flächen einfachen Kriterien genügen: möglichst langsamer Fahrverkehr in neuralgischen Bereichen, einfache und klare, vor allem sturzsichere Gestaltungen, sorgfältige Unterhalt, bequeme, durchgehende Verbindungen. Zu beachten seien: moderne Lichtsignalanlagen, konfliktfreies Queren an Ampeln, Einführung neuer Technologien zur Erhöhung der Fußgängersicherheit, Sicherstellen der barrierefreien Kontinuität von Fußwegen, Förderung der gegenseitigen Sichtbarkeit von Fußgängern, Auto- und Radfahrern, Schaffung sicherer Kreuzungen nahe Seniorenwohnanlagen und Einkaufsmärkten, ausreichende Beleuchtung von Überwegen, beschattete Ruhezonen mit Ruhebänken. Sollte es zu Konflikten mit anderen Planungen kommen, sind die Prioritäten zu überprüfen.

 

Für die Fraktion

Dr. Peter Krause


RathausKurier - Ausgabe 08/2022 vom 21. September 2022

 

Nach- und vordenken

  

Unsere Energiekrise hängt auch damit zusammen, dass vor einschlägigen politischen Entscheidungen ein paar Leute, die Ahnung haben und wirkliche Folgen abschätzen können, zu wenig gefragt worden sind. Hoffnung auf grundsätzliche Einsicht besteht zwar eher nicht. Und eine Kommune hat, obwohl sie zuerst die vielfältigen Folgen des höheren politischen Versagens spürt, wenig Möglichkeiten, Fehler zu beheben, die in überzeugtester Traumtänzerei wurzeln. Das heißt für uns aber nicht, resignativ abzuwarten und ebenfalls eindimensional zu denken. Das laufende, weit beachtete Projekt zur Nutzung von Wasserstoff-Technologie für den Weimarer ÖPNV ging auf eine Initiative der CDU-Fraktion zurück. Auch die Nutzung von Wasserkraft an den Ilmwehren haben wir, um die bescheidenen Aussichten wissend, gemeinsam mit den Kollegen der SPD- und des "Weimarwerkes" angestoßen. Jetzt haben wir den Oberbürgermeister beauftragt, mit unseren Stadtwerken den Aufbau einer lokalen Geothermie-Infrastruktur zu prüfen. Zwar regt sich erneut enggeführter Widerstand aus Sonne und Wind. Aber (oberflächennahe wie tiefe) Geothermie ist eine effiziente, zuverlässige, wirtschaftliche und CO2-neutrale Wärme-, sogar Stromquelle, hat vielerorts ihr Potential „vor Ort“ bewiesen. Eine Studie des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2019 sieht sie als eine wesentliche Quelle für die zukünftige lokale Wärme- und Stromversorgung. Warum wurde die Entwicklung in Deutschland verschlafen? In Weimar gibt es erhebliche wissenschaftlich-technologische Kooperations- und Expertise-Möglichkeiten, die wir gezielt und schnell nutzen sollten.

 

Für die Fraktion

Dr. Peter Krause


RathausKurier - Ausgabe 07/2022 vom 20. Juli 2022

 

Am Ende!

  

"Deutschland funktioniert nicht mehr!", titelte eine große Tageszeitung. Es gibt keinen Grund zu widersprechen. Fakten und Daten sprechen für sich. Der Abstieg auf allen Ebenen ist auch auf das zurückzuführen, was man früher politische Romantik nannte, heute trifft es "Wirklichkeitsverlust" am schnellsten. Beispiel aus Weimar: Nicht einmal ein Drittel der Einnahmen der Stadt stammen aus Steuern. Und von diesen Steuereinnahmen wird wieder nur ein Drittel gewerblich erwirtschaftet. Mehr als die Hälfte der städtischen Finanzierung sind Zuweisungen von Bund und Land. Daran hat man sich gewöhnt. Für die mögliche Erschließung eines Gewerbegebietes an der A 4 gab es im Stadtrat jüngst keine Mehrheit. Wenig überraschend: Unmittelbar nach der Abstimmung wurde von ablehnenden Fraktionen die Forderung aufgemacht, die erwartete schwere Winterkrise aus dem Sozialetat der Stadt abzufedern. Der wächst, wie häufig gesagt, mittlerweile um mehrere Millionen jährlich. Wo das Geld herkommt, interessiert immer weniger. Wirtschaft wird als Belästigung angesehen, Schuldenmachen gilt als nachhaltig, Inflation als Schicksal, Realitätsverweigerung als weitsichtig. Da die vielfältigen Ansprüche an den "Staat" zunehmen, da es keinen durchsetzungsfähigen Willen zu einer Konsolidierung in Weimar gibt,  hört man bereits den Ruf nach Erhöhung der Steuer-Hebesätze. Das bedeutet eine weitere Belastung von Arbeit, Gewerbe, "Grund", Eigentum. Und ein Gemeinwesen, dessen Verwaltung bereits fatalistisch jede Nicht-Investition begrüßt, ist ohnehin (funktional) am Ende.

 

Für die Fraktion

Dr. Peter Krause


RathausKurier - Ausgabe 06/2022 vom 18. Juni 2022

 

Ochsentunnelei

  

An den jüngsten Bürgermeisterwahlen in Thüringen beteiligte sich gerade mal die Hälfte der Wahlberechtigten. Und das, obwohl das Kommunale als besonders "bürgernah" gilt. Zudem: Es wird immer schwieriger, für das kommunalpolitische Ehrenamt überhaupt Bewerber zu finden. Und: Die Bedeutung der Parteien schwindet. Das könnte positiv ausgelegt werden: die Persönlichkeit zählt. Ebenso weckt vor allem das einzelne "Projekt" Engagement. Negativ gesehen: der Gemein-Sinn für das Große und Ganze schwindet, auch für komplexere Zusammenhänge. Damit wird Kommunalpolitik - auch in Weimar - immer abhängiger von partikularen Interessen und lautstarken Einzelwünschen. Es zählen in der gesellschaftspolitischen Willensbildung weniger abwägende Argumentation und gerechte Verkehrsplanung, eher die Fähigkeit zur Kampagne. So fällt die "Fokussierung" auf die emotionalen Belange der Innenstadt auf, während etwa das große Problem der Anbindung der Nordstadt an die Innenstadt, das im nächsten Jahr wegen der Sanierung und Sperrung der unteren Ettersburger Str. eine enorme Verschärfung erfahren wird, offensichtlich keine Priorität besitzt. Es mag sein, dass der "Ochsentunnel", den im übrigen die Verwaltung vorher nicht kannte, für einen Ausbau für Fußgänger und Radfahrer nicht geeignet ist. Aber eine wirkliche Suche nach (über- oder unterirdischen) Alternativen ist ebenso wenig erkennbar. Die Sturheit der Bahn AG ist das eine, die Verengung der Stadt wäre etwas anderes.

 

Für die Fraktion

Dr. Peter Krause


RathausKurier - Ausgabe 05/2022 vom 18. Mai 2022

 

Zur zweiten "Halbzeit"!

  

Vom Virus abgelenkt, gab es in dieser Wahlperiode des Stadtrates keine Halbzeitansage. Drei Jahre nach der jüngsten Kommunalwahl dürfen Zeilen der kritischen Vergewisserung erlaubt sein, zumal in einer Zeit, in der politische Berechenbarkeit immer weniger zählt. Aus der Perspektive unserer Fraktion ist die Bilanz durchaus vorzeigbar. Bis auf den gescheiterten Versuch, den Hochwasserschutz an der Ilm und die Entwicklung des alten EOW-Geländes zügig voranzubringen, war die CDU-Fraktion auf der Seite einer gehegten, längst vertrauten und pragmatischen Mehrheit im Stadtrat, die den gemeinsamen Willen zur seriösen Gestaltung hat. Wir haben unsere bürgerlichen Kernthemen - nachhaltige Finanzpolitik, keine Mehrbelastung durch kommunale Steuern und Abgaben, Stärkung der investiven Kraft, weitsichtige Stadtentwicklung - als straffen Leitfaden benutzt, waren auf weiteren Feldern die Vorreiter: Das betrifft etwa die Pflege unseres Landschafts- und Ortsbildes, das meint eingeforderte Maßnahmen zur Vorsorge für reale Notsituationen. Auch das Wasserstoff-Projekt für unseren ÖPNV ("Energiewende") geht auf eine CDU-Initiative zurück. Aufgabe bis zur Kommunalwahl 2024 wird sein, gemeinsam mit dem Oberbürgermeister die Stadt so krisenfest wie möglich aufzustellen, das Wesentliche noch schärfer zu sehen, die Kosten der "Zeitenwende" fair zu verteilen, auf eine komplexe Mobilitätsplanung zu achten, keine Dominanz partikularer Interessen zuzulassen. Unseren ausufernden Etat für Soziales (ein Ergebnis verfehlter Politik auf anderen Ebenen) wenigstens einzudämmen, wird die größte Herausforderung bleiben.

 

Für die Fraktion

Dr. Peter Krause


RathausKurier - Ausgabe 04/2022 vom 13. April 2022

 

Knoten 

  

Karl Marx konnte bekanntlich mit wirklichen Proletariern wenig anfangen, er nannte sie gern „Knoten“, oft "Esel". Am Deutschen Bundestag hätte er seine Freude gehabt, denn von den 736 (!) Abgeordneten sind nur noch zwei klassische Arbeiter (ein Bergmann, eine Schlosserin). Nur 1,9 Prozent der Abgeordneten sind Bauern, 2,4 Prozent Handwerker. All das sind Anteile, die weit unter dem jeweiligen Bevölkerungsdurchschnitt liegen. Immerhin, drei Krankenschwestern sitzen im übervollen Parlament. Beamte und Angestellte geben den Ton an. Sicher, die Trennung zwischen Ausbildung und Beruf/ Tätigkeit ist nicht einfach, aber bedenklich scheint doch zu sein, dass es immer leichter wird, ohne jeden Berufs- oder Studienabschluss oder mit aufgehübschten Lebensläufen, jedenfalls ohne jeden verantwortlichen Kontakt mit der Wirklichkeit ein politisches (Spitzen)Amt zu bekommen. Ist die Tendenz auf der Ebene der Landtage, Kreistage, Stadträte eine andere? Wird der Querschnitt der Bevölkerung in der Repräsentation noch abgebildet? Vor allem: Der ehrwürdige Begriff Arbeit verliert an Bedeutung in der Willensbildung. Symbolpolitik dominiert. Die politischen Entscheidungen, zumindest die aufgerufenen Wünschbarkeiten und propagierten Wichtigkeiten sind dann eben so wie sie sind. Leider auch im Kommunalen, zunehmend auch in Weimar. Die Lasten tragen die anderen. Der Überbau bestimmt die Basis. So wenig Marx war nie! Mittlerweile kein Grund zum Jubel für das Prinzip Realität.

 

Für die Fraktion

Dr. Peter Krause


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